Ran an die Nahwärme – auch noch nach Annahmeschluss
Nahwärmenetz Xanten
Die Stadt Xanten betreibt ein auf erneuerbarer Energie basierendes Nahwärmenetz. Gemeinsam mit PEWO hat sie nun gezeigt, wie man es erweitern kann, ohne alles neu machen zu müssen. Für einen neuen Großabnehmer wurde ein Unternetz mit Verstärkungslösung gebildet. Das Ergebnis ist zugleich beispielgebend für den Aufbau von mittelwarmen Netzen.
Key Facts
Flüchtlingsunterkunft Küvenkamp, Xanten, NRW
- Teil des vom städtischen Nahwärmenetz versorgten Gebäudebestandes
- Nachträglicher Anschluss eines Erweiterungsbaus
Anschluss eines weiteren Großverbrauchers an ein wärmetechnisch ausgereiztes Netz
Netzwerke Xanten GmbH
- Übergabestation CAD H
- 3 Wärmepumpen Titan 5
- Netzpumpenmodul NP
- 3 Trinkwassererwärmer Aqua S
- Netzpumpenmodul NP
- Heizungsverteiler Split H
2023
Ein Nahwärmenetz muss genau geplant werden, wenn es energie- und kosteneffizient arbeiten soll. Netzdimensionierung und Abnehmer müssen von Anfang an zueinander passen. Schon vor zehn Jahren hat Xanten am Niederrhein begonnen, ein städtisches Nahwärmenetz aufzubauen. Es basiert hauptsächlich auf einem Biogas-BHKW und beliefert, neben mehr als 60 Wohnhäusern, auch Schulen, Kitas, Behörden und das Hallenbad mit Wärme. Es handelte sich um ein Pionierprojekt. Inzwischen läuft das Netz prima.
Aber 2023 galt es, sich einer neuen Herausforderung zu stellen. Die städtische Flüchtlingsunterkunft am Küvenkamp, nahe beim Bahnhof, war ebenfalls von Beginn an mit am Netz, allerdings nur eines von zwei Gebäuden. Das andere arbeitete mit einer wärmetechnischen Insellösung. Doch dann wurde hinzugebaut, und das ganze Objekt sollte nun in die Nahwärme integriert werden: drei Gebäude mit insgesamt 24 Wohneinheiten und mehr als zweihundert Bewohnern. Problem dabei: Das Netz war ausgereizt. Zudem lag die Flüchtlingsunterkunft an dessen Peripherie, wo der Volumenstrom maximal noch 4,5 m3/h betrug – zu schwach für einen so großen Abnehmer. Mit der daraus resultierenden, geringen Wärmeleistung würde es unweigerlich Probleme geben. Vor allem galt das für die Trinkwassererwärmung: zu viele Zapfstellen, zu hohe Gleichzeitigkeit in der Nutzung. Eine prinzipielle Lösung musste her!
Gemeinsam mit PEWO beschlossen die Xantener Planer ein weiteres Mal innovativ zu sein: mit der Bildung eines Unternetzes samt Verstärkerlösung nur für die Gebäude der Flüchtlingsunterkunft. Glücklicherweise gehörte ein großer Kellerraum zum Gebäudebestand, der die Unterzentrale aufnehmen konnte. Mittels zusätzlicher Übergabestation, extra ausgelegt für dieses Projekt, wurde das Unternetz ans Hauptnetz angekoppelt.
- Als Verstärker wurde eine Kaskade aus drei Booster-Wärmepumpen Titan 5 von PEWO gewählt. Sie speisen sich aus dem Rücklauf des Unternetzes und unterstützen damit die Trinkwassererwärmung für alle drei Gebäude, die Heizung hingegen nur für zwei.
- Das dritte Gebäude wird weiter mit der Bestandsanlage beheizt.
- Die Hauptwärmeleistung erbringt je ein zentraler Trinkwassererwärmer pro Haus, zugeschnitten auf dessen Bedarf.
- Ein Netzpumpenmodul sorgt für ausreichenden Volumenstrom im Unternetz. Zusätzliche Pufferspeicher dienen als Wärmespeicher und federn Verbrauchsspitzen ab.
Dass die Wärmepumpen an den Rücklauf gekoppelt sind, bringt den eigentlichen Effekt. Sie kühlen diesen auf wenig mehr als 20 °C aus, was die Temperaturspreizung zwischen Vor- und Rücklauf erhöht. Das steigert letztlich die Wärmeleistung des Gesamtsystems – ohne dabei das Problem des schwachen Volumenstroms im Hauptnetz lösen zu müssen. So gelingt es, das Trinkwasser bei ausreichender Schüttleistung auf die erforderlichen 60 °C zu bringen. Derzeit bekommt die Wärmepumpe ihren Strom noch aus der Steckdose; in einer zweiten Ausbaustufe sollen Photovoltaik-Module die Verbrauchslast senken.
Was die Aufgabe erleichterte, war der Umstand, dass zuvor schon das Haupt- Nahwärmenetz von Xanten sukzessive mit Übergabetechnik von PEWO ausgerüstet worden war. Man kannte die Netzparameter also im Detail, und die Schnittstellen passten auch.
Die Xantener Booster-Lösung beweist nicht nur, dass sich selbst am schwachen Rand eines bestehenden Nahwärmenetzes noch etwas machen lässt. Sie zeigt auch, wie man dabei sogar für Großabnehmer noch zu einer befriedigenden Lösung kommen kann. Zugleich ist Xanten eine Vorlage dafür, wie sich anderweitig „schwache“ Wärmenetze handhaben lassen: mittelwarme und kalte Wärmenetze nämlich.