Wärmenetz oder Wärmepumpe?

Über ein Gegensatzpaar, das keines ist

#Booster#Nahwärmenetze#Wärmepumpe

In der teils verqueren Diskussion um das Wärmeplanungsgesetz wurde ein Gegensatzpaar erfunden, das es in Wirklichkeit nicht gibt: das zwischen Wärmenetz und Wärmepumpe. In den Köpfen vieler Menschen ist es hängengeblieben. Tatsächlich aber bilden Wärmenetz und Wärmepumpe in innovativen Gebäudewärmelösungen sogar eine höchst praktische Allianz.

Darum geht es:

"Die Wärmepumpe" an sich gibt es nicht

Wärmepumpen zählen zu den Energiequellen in Wärmenetzen

Hochtemperatur-Wärmepumpen unterstützen mittelwarme Netze

Entweder ich komme ans Wärmenetz, oder ich muss eine Wärmepumpe einbauen. Das ist es, was im Sommer 2023, als das Wärmeplanungsgesetz kontrovers diskutiert wurde, in Kurzform bei Immobilienbesitzern in Deutschland ankam. Es ist einer der Fälle, in denen eine komplexe Faktenlage durch schlagwortartige Verkürzung bis zur Unkenntlichkeit verzerrt wird. Nicht nur, dass die obige Aussage im Sinne der Gebäudewärmestrategie so nicht stimmt – aus technischer Sicht ist sie schlicht falsch. Tatsache ist: Wärmepumpen sind sogar Teile moderner Wärmenetze. Über diesen letzten Aspekt gilt es hier zu reden. Dazu muss man ein wenig ausholen.

Erster Exkurs: 
So funktionieren Wärmepumpen

Zunächst sollte man festhalten, wie eine Wärmepumpe überhaupt funktioniert: Sie entzieht einer relativ schwachen Wärmequelle (Luft, Erde, Wasser) Wärme und übergibt sie an einen speziellen Wärmeübertrager, den Verdampfer. Dieser enthält ein flüssiges Kältemittel, welches schon bei niedrigen Temperaturen in den gasförmigen Zustand übergeht. Das Gas wird von einem Verdichter angesaugt, der es komprimiert und damit zugleich erwärmt. 

Ein zweiter Wärmeübertrager, der Verflüssiger, überträgt diese Wärme auf das Heizwasser. Das Kältemittel selbst wird nun wieder flüssig und kann nach Dekomprimierung am Entspannungsventil im kalten Zustand erneut in den Kreislauf gehen. Betrieben wird die Wärmepumpe mit elektrischem Strom. Eine Grundregel für Wärmepumpen besteht darin, dass sie nur bei geringen Differenzen zwischen Quell- und Zieltemperatur effizient funktionieren. Bei größerem Temperaturhub steigt der zur Wärmeerzeugung nötige Stromverbrauch unverhältnismäßig an. Dieses Verhältnis äußert sich in den beiden Kenngrößen Leistungskoeffizient (COP) und Jahresarbeitszahl (JAZ). Hoher COP und hohe JAZ bedeuten hohe Energieeffizienz.

Zweiter Exkurs: 
Es gibt vier verschiedene Typen

Sodann gilt es zwischen den verschiedenen Typen von Wärmepumpen zu unterscheiden. Die Aufteilung erfolgt anhand der angezapften Wärmequellen:

  • Luft-Wasser-Wärmepumpen
  • Sole-Wasser-Wärmepumpen
  • Wasser-Wasser-Wärmepumpen und
  • Luft-Luft-Wärmepumpen.

Luft-Wasser-Wärmepumpen saugen Außenluft an und übertragen sie auf das Wasser des Heizkreislaufs im Gebäude. Es ist die Art von Wärmepumpe, die jeder von uns schon gesehen hat: die Kästen im Vorgarten mit dem Propeller an der Seite. Was man kennt, darüber redet man auch. Und zwar am liebsten kritisch: Wenn es draußen kalt ist, haben Luft-Wasser-Wärmepumpen sehr viel zu tun und werden schlimmstenfalls zur teuren Elektroheizung. Das ist nicht ganz falsch, und man sollte es sich gleich merken – es ist ein Hinweis darauf, dass im Zeitalter regenerativer Energien die eine, alles versorgende Wärmequelle nicht mehr die ideale Philosophie darstellt. Multivalente Gebäudewärme heißt das Stichwort. Wir kommen darauf zurück. Sole-Wasser-Wärmepumpen benutzen die Wärme des Erdreichs als Wärmequelle. Um sie aufnehmen zu können, muss man von einem flüssigen Medium durchströmte Rohre ins Erdreich bringen. Das Medium muss frostsicher sein; deswegen wird eine Salzlösung (Sole) verwendet. Die Rohre selbst werden entweder schlangenförmig in etwa eineinhalb Metern Tiefe unter der Erdoberfläche verlegt – ähnlich wie eine Fußbodenheizung. 

Alternativ dazu kann man auch eine Rohrschlaufe in eine Erdbohrung einführen – hundert Meter sind die Mindesttiefe. Das ist dann Tiefengeothermie. Sie zapft die Wärme aus dem Erdinneren an. In beiden Fällen haben Sole-Wasser-Wärmepumpen einen Vorteil gegenüber Luft-Wasser-Wärmepumpen: die konstante Quelltemperatur. Die saisonabhängig schwankende Energieeffizienz fällt weg. Der Nachteil besteht in den höheren Anschaffungskosten und im höheren Bau- und Genehmigungsaufwand. Außerdem: Wo es an unbebauter Grundstücksfläche mangelt, scheidet Oberflächen-Geothermie schlicht aus. 

Sole-Wasser-Wärmepumpen lassen sich im Übrigen auch an andere im Erdreich befindliche Wärmequellen anbinden, die noch innovativer sind: Eisspeicher. Sie setzen beim Gefrieren Kristallisationswärme frei. Wasser-Wasser-Wärmepumpen sind baulich gesehen, enge Verwandte der Sole-Wasser-Wärmepumpen. Sie nutzen in ihrer klassischen Anwendung die natürliche Wärme des Grundwassers aus. Zwei Tiefbrunnenbohrungen sind nötig, damit es funktioniert – eine für "Hin", die andere für "Zurück". Auch was Aufwand, Kosten und Energieeffizienz angeht, gilt Dasselbe wie bei Sole-Wasser-Wärmepumpen. Den Abschluss bilden die Luft-Luft-Wärmepumpen. Sie nehmen eine Sonderstellung ein, weil sie ohne Kältemittel, nach dem Prinzip der Direktbelüftung, arbeiten und eigentlich nur für Passivhäuser geeignet sind.

Prinzipdarstellung der verschiedenen Wärmepumpentypen

Wärmepumpen in Nahwärmenetzen

In multivalenten Gebäudewärmesystemen haben alle vier Typen von Wärmepumpen ihren Platz, gemeinsam mit Solarthermie, Blockheizkraftwerken und anderen primären Wärmequellen. Verknüpft sind sie dabei in der Regel durch ein Nahwärmenetz, welches sie ergänzen. Die kleinste Ausprägung findet sich im Wohnquartier, wo das Netz mitunter nur wenige Gebäude verbindet. Aber natürlich gibt es auch Netze für ganze Stadtteile oder Landgemeinden. Die Zahl der Kombinationsmöglichkeiten ist riesig; der Kreativität von Planern sind keine Grenzen gesetzt. Letztlich geht es darum, die Vorteile der einzelnen Energiequellen auszunutzen und ihre Nachteile zu minimieren.

Wärmepumpen in Fernwärmenetzen

Aber auch Fernwärmenetz und Wärmepumpe gehen zusammen: Tiefengeothermie ist vielerorts eine der Quellen von Fernwärme. Dazu setzen die Energieversorger Großwärmepumpen vom Sole-Wasser-Typ ein. Doch auch am anderen Ende des Fernwärmenetzes, beim Verbraucher, werden nicht selten Wärmepumpen gebraucht. Hier geht es um die verbesserte Rücklaufauskühlung. Energieversorger schreiben sie aus Gründen der Energieeffizienz ihres Netzes vor. Oft besteht die Lösung darin, dass in die Gebäude eine Wärmepumpe installiert wird, die dem Heizungsrücklauf Wärme entzieht und sie erneut der Gebäudewärme zuführt. Solche Wärmepumpen sind dann notwendigerweise vom Wasser-Wasser-Typ. Wir haben hier den ersten Fall, in dem eine Wärmepumpe nicht der Gewinnung primärer Gebäudewärme dient, sondern der punktuellen Unterstützung des Gebäudewärmesystems. Das basiert bekanntlich auf einem Heizwasserkreislauf. Der Wasser-Wasser-Wärmepumpe ist es letztlich egal, ob sie Grundwasser pumpt oder anderes.

Wärmelücke beim Trinkwasser

Der zweite Unterstützungsfall betrifft insbesondere Nahwärmenetze. Oft sind sie als mittelwarme Netze angelegt. Werden nur Vorlauftemperaturen um etwa 25 °C erreicht, dann können moderne Flächenheizungen damit umgehen. Aufseiten der Trinkwassererwärmung aber gibt es ein Problem. Wie soll man auf die aus hygienischen Gründen geforderten 65 °C kommen, bevor das Wasser gezapft wird? Bei dezentraler Trinkwasserversorgung mit Wohnungsstationen kommen hier die Varianten mit elektrischer Zusatzheizung zur Anwendung, die sich nur punktuell zuschalten. Auch PEWO bietet sie an.

Booster-Lösung

Anders sieht es bei zentraler Trinkwassererwärmung aus. Hier treten die sogenannten Booster-Lösungen auf den Plan. Die klassische besteht darin, dass das lauwarme Trinkwasser in einem elektrisch beheizten Pufferspeicher auf die Zieltemperatur gebracht wird. Doch was bei kleinen Wohnungsstationen recht energieeffizient funktioniert, kostet als große Lösung sehr viel Strom. Alternativ werden auch hierfür Wasser-Wasser-Wärmepumpen genutzt. Weil sie in einem ungewöhnlichen Temperaturbereich arbeiten müssen, nennt man sie Hochtemperatur-Wärmepumpen (mitunter einfach auch Booster-Wärmepumpen). Zwar funktionieren sie nach dem gleichen Prinzip wie andere Geräte auch, aber aufgrund der abweichenden hydraulischen Verhältnisse sind sie anders ausgelegt: andere Dimensionierung von Rohren, Ventilen und Verdichter, teils auch abweichende Materialien. Wegen ihres zu höheren Temperaturen hin verschobenen Arbeitsbereichs muss auch ein anderes Kältemittel eingesetzt werden. Booster-Wärmepumpen sind stets Teil einer Systemlösung, des Booster-Pakets. Meistens ist es so aufgebaut:

  • Die primären Wärmequellen beladen trinkwasserseitig einen Niedertemperatur-Pufferspeicher.
  • Aus diesem bedienen sich die Booster-Wärmepumpen. Um unterschiedlichen Verbrauchssituationen gerecht zu werden, sind es in der Regel mindestens zwei parallel ("kaskadierend") geschaltete Wärmepumpen.
  • Die Booster-Wärmepumpen beladen einen Hochtemperatur-Pufferspeicher. Aus ihm wird das Trinkwasser gezapft.

Auch PEWO bietet derartige Booster-Pakete an. Um Spitzenlasten abzufangen, kann der Hochtemperatur-Pufferspeicher zusätzlich mit einem Elektro-Heizstab versehen werden. Dieser schaltet sich dann aber nur punktuell zu, was in puncto Stromverbrauch etwas ganz anderes ist als Dauerbeheizung.

Zum Schluss nochmals Begriffsverwirrung

Fehlt noch etwas in diesem Reigen? Ja. Auch die einzelne, unvernetzte private Wärmepumpe zur Erzeugung von Gebäudewärme, sei sie nun vom Luft-Wasser- oder einem anderen Typ, kann trinkwasserseitig durch eine Verstärkungsanlage ergänzt werden. Die Medien, die zuweilen noch nicht wissen, dass man dazu eine weitere Wärmepumpe nehmen kann, nennen das dann zuweilen einen "Wärmepumpen-Booster". Dann aber rufen sie die altbekannten klassischen Verstärkungslösungen auf. Sie meinen ja auch nicht Boostern "mit", sondern "von". Merke: Nicht überall, wo Wärmepumpe draufsteht, ist auch Wärmepumpe drin.